Dienstag, 14. Dezember 2021
Gedanken über "Fast Fashion"
Wir alle, inklusive ich, haben sie in unseren Kleiderschränken: "Fast Fashion"! Und ich nehme an, dass auch Du schon mal diese Bezeichnung gehört hast.
Aber was ist das eigentlich dieses "Fast Fashion"? Was macht Mode zu "Fast Fashion"?
Fast Fashion ist in keiner Weise Mode, die uns besonders schnell macht! Es ist die Bezeichnung für Mode, die dafür produziert wird, damit wir für wenig Geld unsere Kleiderschränke bis zum Brechen der Regalböden und Kleiderstangen vollstopfen können, um diese Kleidungsstücke nur ein paarmal zu tragen, um sie dann links liegen zu lassen und um sie gegen aktuellere Fast Fashion nach kurzer Zeit zu ersetzen. Und damit ist die zweite Frage auch schon beantwortet: Wir und unser Lebensstil macht Mode zu "Fast Fashion"!

Hast Du dir mal darüber Gedanken gemacht, was Dein neues Oberteil, das Du im Geschäft eines großen Textilhandelsunternehmens für 20,00 EUR gekauft hast, in der Produktion gekostet hat? Weißt Du in welchem Land und zu welchen Bedingungen es produziert wurde?
Wie ist es möglich, dass dieses Oberteil aus 97% Baumwolle und 3% Elastan nur 20 EUR kostet?
Baumwolle wird in China, Indien und Amerika angebaut. Damit Baumwolle wachsen kann benötigt es wahnsinnig viel Wasser. Damit auch möglichst viele Pflanzen ertragreich sind, werden sehr viele Mengen verschiedener Pestizide eingesetzt.
Von Maschinen geerntet und gereinigt, wird die Ernte, teilweise auf dem Seeweg, tausende Kilometer in andere Länder transportiert, um daraus ein Garn zu machen.
Aber die, die das Garn spinnen, können keine Stoffe weben. Dazu müssen die riesigen Garnrollen zu einem anderen Unternehmen transportiert werden. Im besten Fall im gleichen Land, im schlimmsten Fall auf einem anderen Kontinent.
Dort angekommen werden nun endlich Stoffe daraus gemacht. Dun diese Baumwollstoffe sind naturfarben, also "Off White". Damit Dein Oberteil farbig wird, muss der Stoff also gefärbt werden. Und das ist am billigsten mit der guten alten Chemie! Die Chemischen Komponenten garantieren ein gleichmäßiges Färbeergebnis und gute Haltbarkeit.
Das Färben der Stoffe erfolgt übrigens ohne Schutzkleidung und ohne Atemschutz. Das bedeutet, dass die Arbeiter die gefährlichen Dämpfe einatmen und auch mit den Chemikalien direkt in Berührung kommen.
Wenn der Stoff nun also die gewünschte Farbe hat und noch ein paarmal gewaschen wurde, um die überschüssige Chemie zu entfernen und anschließend maschinell getrocknet wurde, bleibt ja noch das Abwasser, welches aus Farbe, Chemie und Waschmittelrückständen besteht, übrig. Der einfachste und billigste Weg der Entsorgung ist die lokale Kanalisation oder noch besser direkt das nahegelegene Gewässer. Ungefiltert versteht sich, denn das würde Geld kosten!
Nun muss Dein Oberteil erst noch genäht werden. Das bedeutet der Stoff geht wieder auf die Reise. Ja, so eine Baumwollfaser bekommt im Laufe ihres Lebens viel von der Welt zu sehen.
Wenn der Stoff nun in Indien, China, Malaysia oder Thailand angekommen ist, wird er von unterbezahlten Menschen unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen und in Akkordarbeit zu unserem Oberteil genäht.
Ja, dieses Oberteil hat bis jetzt nicht nur die Umwelt langfristig verschmutzt, sondern ist auch noch sozial unverträglich. Denn die Menschen, die bis zu 12 Stunden in überfüllten und nicht klimatisierten Hallen oder baufälligen maroden Häusern Tag für Tag und Jahr für Jahr ein und dieselbe Naht nähen, können sich mit den umgerechnet 3-4 Dollar, die sie an einem Tag verdienen, gerade so ihr sehr bescheidenes Leben finanzieren.
Unsere Bekleidung wird von Menschen produziert, die sich diese, für unsere Verhältnisse billige Kleidung, nicht leisten können. Diese Menschen haben im schlimmsten Fall noch nicht einmal Bildung genossen. Sie können lesen, schreiben und rechnen. Aber ein Studium ist nicht drin, denn das kostet zu viel. So können sie es noch nicht einmal ihren Kindern ermöglichen aus diesem Elend zu entweichen, denn Rücklagen bilden ist nicht drin!
So ging es auch schon deren Vorfahren.
Ich habe darüber nachgedacht, ob ich zu diesen Bedingungen für diesen Lohn ohne Aussicht berufliche Veränderung arbeiten wollte. Die Antwort ist ganz klar "Nein". Dafür habe ich mich nicht in der Schule angestrengt, einen Beruf gelernt und mich weitergebildet. Nicht für 3 Dollar am Tag.
Und ich bin mir sicher, dass Deine Antwort genauso ausfallen wird.
Und Du würdest wohl auch keinen Fisch essen, der in einem Gewässer gefangen wurde, das von den Chemikalien verseucht ist und dessen Wasser alle drei Monate eine andere Farbe hat - je nachdem was in der Modewelt als nächstes farblich angesagt ist.
Die Menschen, die unsere Bekleidung herstellen haben zum Teil keine andere Wahl.
Aber zurück zu Deinem Oberteil! Noch ist es im Herstellungsland und nicht im Store.
Also ab damit auf den nächsten Frachter und zum Beispiel nach Hamburg, wo die Ware verzollt und auf dem Landweg in ganz Deutschland und teilweise sogar in vielen europäischen Ländern auf die Shops verteilt wird.
Und da liegt dieses Oberteil nun endlich als eines von vielen. Es hat einen Hang-Tag mit seinem Preis von 19,95 ?.
Und jetzt kommst Du in den Store und erblickst es! Du nimmst es von dem Tisch hoch und checkst die Größe. Dieses Design und der Schnitt sind vielleicht das was Du so oder so ähnlich bereits ein oder zweimal im Schrank hast. Aber Deine Erfahrung sagt dir, dass diese Teile nicht sehr lange halten. Also für den Preis kann man sich auch noch eins kaufen. Sicher ist sicher.
Und so präsentierst Du stolz Deinen Freunden oder Freundinnen Deine neue Errungenschaft.
Dein Oberteil fühlt sich so gut auf der Haut an und schmeichelt Deiner Figur - und das für den Preis!!!
Aber hast Du auch erzählt was alles hinter diesem Kleidungsstück steckt? Welche Schicksale, Entbehrungen und welche Umweltverschmutzung dafür nötig war? Ich denke nicht! Und wenn ich ehrlich bin, ich natürlich auch nicht. Es interessiert ja auch niemanden!
Nur manchmal müssen wir es uns ins Bewusstsein rufen, dass 19,95 EUR nicht der wahre Preis dieses Oberteils ist!

In meinem nächsten Beitrag werde ich noch viel mehr unbequeme, aber notwendige Fragen stellen.
Also bleib daran, sei informiert und hinterlasse doch einen Kommentar!

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